Nähe und Distanz wichtig
Menschenfotograf und EWA-Jurymitglied Martin Kämper über wertschätzende Bilder/Bildsprache.

Wertschätzende Kommunikation – eine wohlklingende Wortkombination. Wer sie googelt, findet derzeit bald 500.000 Ergebnisse. Dabei geht es überwiegend um Aspekte der gewaltfreien und Führungskommunikation sowie der Wertschätzung im Print-/Online-Bereich und den entsprechenden Kommunikationsmitteln. Offen, glaubwürdig, authentisch und wertschätzend soll sie sein, die moderne interne Kommunikation. Den Menschen in den Mittelpunkt rücken. Unzählige Zeilen sind dazu schon geschrieben, zig Botschaften dazu formuliert worden. Doch wie sieht Wertschätzung in Bildern aus? Wo doch Bilder mehr als tausend Worte sagen sollen. Das Institut für Interne Kommunikation befragte dazu den „Menschenfotografen“ Martin Kämper, auch fachkompetentes Mitglied in der „EWA“-Jury (www.institut-ik.de).
Herr Kämper, was verstehen Sie generell unter wertschätzenden Bildern oder wertschätzender Bildsprache?
Kämper: Wertschätzende Bilder sind immer auch würdevolle Bilder. Sie zeigen Augenblicke, in denen Momente des Lebens gewürdigt werden. Eine wertschätzende Bildsprache, besonders in Bezug auf Menschen, sollte beispielsweise nie übergriffig oder erniedrigend sein.
Ein meinerseits geschätzter Fotograf, der das in seinen zahlreichen Arbeiten zum Ausdruck bringt, ist der Brasilianer Sebastião Salgado. Egal in welches Elend er schaute, er ließ es nie an Empathie für den Menschen missen.
Wie lassen sich Menschen respektvoll darstellen?
Für mich, als Menschenfotograf, ist die richtige Nähe und Distanz zum Menschen wichtig, um ihn authentisch abzuholen.
Authentisch abholen – wie bewerkstelligen Sie dies?
Ich interessiere mich für mein Gegenüber, schenke ihm Achtsamkeit – ohne Vorbehalte, sei es der Chef, die Chefin oder die Reinigungskraft. Dann stelle ich Fragen, um zu verstehen, was der Mensch an seinem Arbeitsplatz macht, warum diese Arbeit wichtig ist und was an dem Arbeitsplatz eine besondere Bedeutung hat. Durch diesen Dialog schaffe ich einen vertrauensvollen Raum, in dem Wertschätzung gedeiht und diese auch im Foto zum Ausdruck kommt.
Wenn Menschen vor der Kamera nicht etwas Künstliches machen müssen, sondern einfach sie selbst sein dürfen, entsteht die respektvolle Darstellung geradezu von allein.
Wie sieht nach Ihrer Einschätzung gegenwärtig die „fotografische Egalité“ in den Unternehmen aus – sprich: werden „einfache“ Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter genauso anspruchsvoll dargestellt wie Führungskräfte?
Es gibt Unternehmen, die leben ihre Werte und die Wertschätzung für ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter – dies ist auch in ihrer Bildsprache sichtbar. Hier werden Menschen anspruchsvoll dargestellt, egal, welche Aufgabe sie im Team erfüllen. Das ist aber noch nicht die Regel.
Warum brauchen Unternehmen wertschätzende Bilder?
Bilder sagen viel über Unternehmen und ihre Haltung aus. Leider haben für zahlreiche Firmen Fotos aber eine untergeordnete Bedeutung. Sie produzieren mit ihren mehr als 1.000 Worten eher Sprachlosigkeit – dabei könnte schon ein wertschätzendes Foto mehr aussagen. Eine wertschätzende Bildsprache ist ein wichtiger Bestandteil einer dialogorientierten Unternehmenskultur. Zudem verstärken wertschätzende Bilder die Imagewirkung nach innen und außen. Daher tun Unternehmen gut daran, mehr Bewusstsein für dieses Thema zu entwickeln und hier mehr zu investieren.
Gemeinhin sagen Kommunikationsexperten, Botschaften ließen sich heute eigentlich nur mit Bild transportieren? Stimmen Sie diesem Credo zu?
Das ist mir zu sehr zugespitzt. Bilder sind zweifelsfrei ein Transporteur von Botschaften – und zwar in Schallgeschwindigkeit. Aber viele Bilder brauchen auch das begleitende Wort, um ihre Botschaft letztlich vollends zum Ausdruck zu bringen.

Martin Kämper (Bild), www.fotograf-frankfurt.tel, im Gespräch mit
Hermann-Josef Berg, www.hjb-kommunikation.de